Montag, 25. November 2013

Dank verletztem Urheberrecht Mio.

Der Fotograf Daniel Morel veröffentlichte Bilder auf Twitter, eine Agentur griff ungefragt zu und muss deshalb nun viel Geld zahlen. Morel klagte auf 120 Millionen Dollar Schadensersatz. Eine Jury hat jetzt entschieden, wie viel er tatsächlich bekommen soll. 

Der US-Fotojournalist Daniel Morel hat 2010 spektakuläre Bilder von dem schweren Erdbeben auf Haiti gemacht und auf Twitter veröffentlicht. Die französische Presseagentur AFP griff zu und verwertete die Bilder ohne seine Zustimmung weiter. Morel forderte eine Entschädigung, die AFP setzte auf eine richterliche Klärung. Morel verlangte 120 Millionen Dollar Entschädigung von der AFP und bekam im Januar dieses Jahres Recht: AFP und die Bilderagentur Getty Images verstießen bei der Weiterverbreitung seiner Bilder gegen das amerikanische Urheberrecht. 

Jetzt hat ein US-Bundesgericht die Höhe der Entschädigung festgelegt: AFP und Getty Images müssen dem Fotografen 1,2 Millionen Dollar zahlen. Das ist die höchste Strafzahlung, die das US-Recht in einem solchen Fall vorsieht. Der Fall dürfte den kommerziellen Umgang mit "im Internet gefundenen" Bildern beeinflussen. 

AFP verkauft die Fotos an Getty und andere Portale
Morel lud noch am Morgen des Erdbebens 17 Fotos bei Twitter hoch, wie das "British Journal of Photography" berichtet. Von einem anderen Twitter-Mitglied wurden sie weiterverbreitet, ohne dass der Name des Urhebers klar ersichtlich war. Auf dessen Profil wiederum entdeckte ein Bildredakteur der Presseagentur AFP die Bilder und verbreitete sie über die Fotoportale Wapix, Getty Images und ImageForum - zunächst mit einer falschen Urheberangabe, die aber später korrigiert wurde.

An den folgenden Tagen präsentierten zahlreiche große Medien Daniel Morels Bilder des Unglücks, unter anderem ABC, CBS und CNN. Allein Getty soll Morels Bilder 820 mal verkauft haben, ohne dass der Fotograf etwas davon hatte. Von anderen Medien bekam Morel bereits Entschädigungszahlungen. Mit ABC, CBS und CNN hat er sich außergerichtlich geeinigt. Wie viel Geld Morel dabei erhalten hat, wurde nicht öffentlich gemacht.  Die AFP bezeichnete die unrechtmäßige Veröffentlichung als "unschuldigen Fehler" und schob die Schuld auf das Twitter-Mitglied, welches zunächst die Fotos weiterverbreitete. 

Retweets erlaubt, Weiterverkauf nicht
Der Fotodienst Getty Images betont dagegen, nur eine passive Rolle bei der Verbreitung gespielt zu haben, da man die Bilder über einen automatischen Feed von AFP erhalten habe. Für zusätzliche Brisanz sorgt die Tatsache, dass Morel einen Vertrag mit der konkurrierenden Agentur Corbis hat. Der Fall ist wichtig, weil er die Verwendung von Bildern auf Twitter klarstellt: Nach Ansicht des Gerichts erlaubt Twitter zwar die ungefragte Weiterverbreitung von Bildern innerhalb des Kurznachrichten-Netzwerkes, aber eben nicht deren kommerzielle Verwertung. Das Urteil stärkt Rechte von UrheberInnenn, die über Twitter Werke verbreiten.

Quelle: Spiegel 25.11.13

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Grünes Licht für Gemeindefusion

Die Zürcher Oberländer Gemeinden Bauma und Sternenberg werden am 1. Januar 2015 zusammengeschlossen. Die Stimmberechtigten sagten deutlich Ja zum Fusionsvertrag.

Bauma hiess den Zusammenschluss mit 1018 zu 718 Stimmen gut, in Sternenberg (siehe Bild) votierten 144 Stimmende für und 53 gegen die Fusion. Die Stimmbeteiligung lag in Bauma bei 60,65 Prozent, in Sternenberg bei 75,3 Prozent. Das kleine Sternenberg büsst beim Zusammenschluss Namen und Ortswappen ein. Dafür wird seine finanzielle Situation entschärft. So müssen die Sternenberger künftig weniger Steuern zahlen: Ab In-Kraft-Treten der Fusion gelten die 117 Prozent von Bauma. Bisher hat Sternenberg einen Steuerfuss von 124 Prozent.

Neue Gemeinde Bauma
Die neue Gemeinde heisst Bauma und trägt auch das Ortswappen des heutigen Bauma. Vereine und Privatpersonen dürfen gemäss Vertrag aber weiterhin das Sternenberger Wappen benutzen. Die gemeinsame Gemeindeverwaltung hat ihren Sitz in Bauma, aber auch Sternenberger können Behörden-Mitglieder sein. Nach wie vor beide Vertragsgemeinden verfügen über einen Friedhof, und auch eine Abfallsammelstelle wird in Sternenberg weiter betrieben - diese beiden Punkte waren besondere Anliegen der Bevölkerung.

3,5 Millionen Franken vom Kanton
Der Kanton unterstützt die Fusion mit 3,5 Millionen Franken. Vom Zusammenschluss betroffen sind die politische und die Schulgemeinde, die Kirchgemeinden sind vorderhand nicht einbezogen. Die Arbeiten im Hinblick auf den Zusammenschluss beginnen im kommenden Jahr. Sternenberg ist die höchstgelegene Gemeinde im Kanton Zürich. Sie liegt auf rund 900 Meter über Meer und zählt rund 330 Einwohnerinnen und Einwohner. In Bauma leben rund 4200 Einwohnerinnen und Einwohner.Das künftige gemeinsame Gemeindehaus in Bauma soll allerdings nicht saniert werden. Die Baumer Stimmberechtigten verwarfen den dafür nötigen Kredit mit 996 Nein zu 744 Ja.

Fusionen im Kanton Zürich äusserst selten
Fusionen unter den heute 171 Gemeinden im Kanton Zürich sind eine absolute Rarität. Seit den letzten Eingemeindungen in die Stadt Zürich 1930-er Jahren schlossen sich erst zwei Gemeinden zusammen: Wiesendangen und Bertschikon. Nun folgen Bauma und Sternenberg. Und auch das kleine Kyburg hat sich entschlossen, sich an einen grösseren Partner anzulehnen: Am Sonntag beauftragten die Stimmberechtigten ihren Gemeinderat, mit Illnau-Effretikon einen Zusammenschluss vorzubereiten.Hofstetten erwägt ein Zusammenspannen mit Elgg. Der 2012 in Kraft getretene Finanzausgleich will der Kanton kleinen Gemeinden einen Anreiz zum Fusionieren zu geben. 

Quelle: Tages-Anzeiger 25.11.13

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Sonntag, 17. November 2013

Bono kapituliert vor Handelsgericht

Die Anwältin Caroline Bono hat ihre Klage gegen die Zürich-Versicherung zurückgezogen. Damit endet eine Auseinandersetzung, die vor 11 Jahren mit einem Auffahrunfall am Bürkliplatz begonnen hatte.

Caroline Bonos Brief ans Zürcher Handelsgericht ist drei Seiten lang und endet mit folgendem Satz: «Unter Berücksichtigung aller Umstände und des Verfahrensablaufs an Ihrem Gericht ist offensichtlich, dass ich eine materielle, objektive Beurteilung meines Falles nicht erwarten darf.» Sie habe «momentan weder die Kraft noch das Geld, um die gerichtliche Auseinandersetzung weiterzuführen», erklärt Bono bei einem Treffen im Zürcher Seefeld. Mit dem Rückzug der Klage gegen die Zürich-Versicherung wolle sie aber auch verhindern, dass ein Urteil gesprochen und künftig dazu benützt werde, «berechtigte Forderungen von anderen Unfallopfern pauschal auf der Basis von fragwürdigen Berechnungen der Auffahrgeschwindigkeit abzuschmettern».

Vor elf Jahren, am 19. November 2002, war die Juristin Opfer eines Auffahrunfalls am Bürkliplatz geworden. Für die Zürich, involviert als Haftpflichtversicherung der fehlbaren Lenkerin und Unfallversicherung von Bono, war von Anfang an klar: Die Wucht des Aufpralls habe «deutlich unter dem Schwellenwert gelegen, ab dem eine Verletzung der Halswirbelsäule bei Auffahrunfällen in der Regel als möglich betrachtet wird.» Zu diesem Schluss war die Zürich auf der Basis eines biomechanischen Gutachtens gekommen, das ihre hauseigenen Spezialisten mithilfe der Unfallfotos erstellt hatten. Eine ärztliche Begutachtung Bonos gab es nicht, obwohl sie nur Tage nach dem Unfall notfallmässig für mehrere Wochen hospitalisiert werden musste. 

Am Unfalltag war in der Notfallaufnahme des Spitals lediglich ein Schleudertrauma festgestellt geworden – eine Fehldiagnose, wie sich erst fünf Jahre später zeigen sollte. Als die Beschwerden nicht abklangen, sondern unerträglich blieben, stellten Ärzte fest, dass Bono unter den Folgen von Nackenverletzungen litt, die man am Unfalltag auf den Röntgenbildern übersehen hatte. Zudem wurden – ebenfalls erst im Nachhinein – beträchtliche Hirnverletzungen radiologisch diagnostiziert.

Nach eingehender Untersuchung vertreten mittlerweile rund ein Dutzend Fachärzte die Meinung, dass sich Bono diese Verletzungen beim Unfall im Jahr 2002 zugezogen haben müsse. Das Handelsgericht liess diese neuen ärztlichen Befunde aber nie als Beweismittel, sogenannte Noven, zu. Die Richter beharrten vielmehr auf ihrer Überzeugung, dass familiäre und berufliche Überlastung der getrennt lebenden vierfachen Mutter und Anwältin für die Beschwerden verantwortlich seien und nicht «das banale Auffahrereignis». Das Bundesgericht schloss sich dieser Meinung an.

Erst als der TA aufdeckte, dass einer der involvierten Handelsrichter die Zürich-Versicherung praktisch zeitgleich als Rechtsanwalt vor demselben Gericht vertreten hatte, kam wieder Bewegung in die Sache. Das Bundesgericht hob das Urteil auf und gab den Fall «zur weiteren Behandlung» zurück. Freilich ohne zu definieren, was unter «weiterer Behandlung» zu verstehen sei.

Bono schöpfte Hoffnung, die ärztlichen Gutachten im Rahmen einer neuen Beweisaufnahme endlich vorlegen zu können. Mut machte ihr insbesondere die Einschätzung des emeritierten Zürcher Rechtsprofessors Karl Spühler, eines Experten auf dem Gebiet der Zivilprozessordnung. Für ihn war klar, dass das Handelsgericht im Fall Bono nach neuem Prozessrecht noch einmal ganz von vorn beginnen musste.
Doch das Handelsgericht entschied sich für das alte Prozessrecht und gegen ein neues Beweisverfahren. Mit der Begründung, der betreffende Richter habe das Mandat der Zürich erst in der letzten Phase der Beweisaufnahme übernommen. Bis dahin sei er (noch) nicht befangen gewesen; frühere Verfahrensschritte müssten nicht wiederholt werden. Die Tatsache, dass der Richter über Jahre bei der Winterthur-Versicherung und der Zürich-nahen XL Insurance in leitender Stellung tätig gewesen war, ehe er sich selbstständig gemacht hatte, um als Anwalt Mandate grosser Versicherungsgesellschaften zu übernehmen und zugleich Handelsrichter zu werden, genügte dem Handelsgericht nicht, um eine Befangenheit oder auch nur den Anschein einer Befangenheit nachzuweisen.

In dieser ausweglosen Lage schrieb Bono einen offenen Brief an Bundesrat Alain Berset und Josef Ackermann, den damaligen Präsidenten der Zürich-Versicherung. Auf zehn Seiten schilderte sie ihren Fall detailliert und bat um Vermittlung: «Vielleicht können Sie mir eine Türe aufstossen?» (TA vom 15. Juli).

Das Echo war ernüchternd. Für die Zürich antwortete der Sekretär des Verwaltungsrats: «Wir bitten um Verständnis, dass weder die Zürich noch deren Verwaltungsratspräsident sich ausserhalb eines laufenden Gerichtsverfahrens zu Ihren Anliegen äussern können. Es wird nun Sache des Gerichtes sein, über den Ausgang der Angelegenheit zu entscheiden.» Gesundheitsminister Berset schrieb: «Mir ist bewusst, dass das tägliche Leben uns alle in Schwierigkeiten bringen kann und dass die oft dadurch entstehenden erhöhten Anforderungen meist nur durch besondere Anstrengung der Betroffenen bewältigt werden können. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Mut, diese Lebensumstände zu meistern.» 

So entschloss sich Bono, die Klage zurückzuziehen, denn: «Ohne neue Beweisaufnahme haben wir keine Chance.» Dem Handelsgericht wirft sie vor, es sei «augenscheinlich», dass es mit allen Mitteln die Absicht verfolgt habe, den Prozess «abzuwürgen». Das Vorgehen sei mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht zu vereinbaren.
Seit 2003 erhält Bono keine Versicherungsleistungen mehr. Auch nicht von der IV, die sie vor drei Jahren nach der Abklärung bei einer Medas in ihrem Beruf als Anwältin für 80 Prozent arbeitsfähig erklärt hat. Bono hatte den Wiedereinstieg jahrelang versucht, aber es ging nicht; sie konnte und kann sich komplexe Zusammenhänge schlicht nicht mehr merken. Bei Bekannten hoch verschuldet, ist sie inzwischen bei der Sozialhilfe gelandet. Nach einer Weiterbildung will sie nun versuchen, als freiberuflicher Coach zu arbeiten. Weder die Zürich noch das Handelsgericht wollen zum Fall Bono einen abschliessenden Kommentar abgeben.

Siehe auch Kommentar hier >>>

Quelle: Tagesanzeiger.ch/Newsnet 18.11.13

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Montag, 11. November 2013

Suffizienz neu denken

Anders konsumieren und wirtschaften – Suffizienz neu denken - 300 Jahre Nachhaltigkeit – eine Idee feiert Geburtstag. Trotz der Rio-Deklaration für eine nachhaltige Entwicklung und einer breiten öffentlichen Nachhaltigkeitsdiskussion, braucht es aus Sicht des deutschen Öko-Instituts weitere Anstrengungen, damit wir auch künftig Ressourcen und Energie nutzen können, ohne die Ökosysteme und das Klima zu zerstören. 

Vor allem unsere Konsummuster sind bislang wenig nachhaltig – der Verkehr wächst, der Fleischkonsum nimmt zu, der Energieverbrauch steigt. Zusätzlich zu den bewährten Nachhaltigkeitsstrategien Effizienz und Konsistenz – also gleiches Konsumniveau mit weniger Ressourceneinsatz oder alternativen Technologien zu erreichen – braucht es deshalb Ideen, die Konsummuster selbst zu verändern. Im Fachjargon spricht man von Suffizienz. Hier ist vor allem die Politik gefragt, wie das Öko-Institut in einer aktuellen Analyse zeigt.

Suffizienz? Beispiele für einen nachhaltigeren Konsum

Suffizientes Handeln hat viele Facetten. Beispielsweise umfasst Suffizienz, weniger (ressourcenintensive) Produkte zu kaufen oder nutzen (z.B. Verzicht auf eine Fernreise, öfter mal das Rad statt das Auto nutzen) bzw. solche mit geringerer Gütergröße, -funktionen oder -komfort zu konsumieren (z.B. kleinere Wohnung, Auto ohne Klimaanlage, weniger Fleisch essen). Es  kann aber auch um ein umweltfreundlicheres Nutzungsverhalten gehen (z.B. geringeres Tempo auf Autobahnen), um verlängerte Produktnutzung (z.B. Handys nicht alle Jahre wechseln) oder die gemeinsame Nutzung (z.B. Nachbarschaftsauto) bei Produkten, bei denen dies ökologisch vorteilhaft ist.

Suffizienz braucht politische Rahmenbedingungen

In seinen Arbeiten zum Thema Suffizienz stellt das Öko-Institut heraus, dass es nicht allein um Veränderung im individuellen Verhalten geht. Vielmehr brauche es Veränderungen in vielen Bereichen: bei Technologien, Märkten und Infrastrukturen, Wissen, Werten und Leitbildern. Dafür muss die Politik entsprechende Rahmenbedingungen für das Zusammenwirken von Wirtschaft und Verbraucherinnen und Verbrauchern vorgeben.

„Nur wenn ökologisches Handeln des Einzelnen gefördert und nicht etwa gehemmt wird, kann es gelingen, eine umfassende Wende herbeizuführen“, sagt Franziska Wolff, Sozialwissenschaftlerin am Öko-Institut. „Die Politik muss nachhaltiges Verhalten anregen und fördern. Dafür gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, die mit bewährten Instrumenten zusammenspielen sollten.“

Politikinstrumente: Sorgfältiges Abwägen nötig

In seiner Kurzstudie schlägt das Öko-Institut vor, dass künftig politische Maßnahmen neben Effizienz und Konsistenz verstärkt auch suffizientes Verhalten fördern sollen. Hierfür gibt es bereits jetzt Ansatzpunkte – wie radfahrerfreundliche Stadtplanung, kommunale Nutzen-statt-Besitzen-Angebote, die ökologische Steuerreform, Produktstandards oder Gewährleistungsfristen. Diese gilt es systematisch auszubauen.

Grundsätzlich sollte der Eingriff im Verhältnis zum Entlastungspotenzial stehen. Bei der Gestaltung von Instrumenten muss der Gesetzgeber stets die Faktoren persönliche Freiheit, verfassungsrechtliche Grenzen, gesellschaftliche Akzeptanz und Auswirkungen auf die Wirtschaft sorgfältig abwägen. Zudem gilt es eine überproportionale Belastung niedriger Einkommen zu vermeiden.

Suffizienz ist mehr als Verzicht

Die Beispiele für Suffizienz zeigen, dass man zwar auf Manches verzichtet („langsamer vorankommen“), aber auch an Lebensqualität gewinnt („sich gesünder fortbewegen“, „nicht im Stau stehen“). Angesichts der Kosten und Konflikte rund um manche technologische Entwicklung kann Suffizienz auch gesellschaftlich manches Mal die einfachere, kostengünstigere, weniger konfliktträchtige – ja, die elegantere Lösung sein.

„Wir sehen außerdem, dass Effizienzgewinne häufig von Konsumsteigerungen aufgefressen werden‘“, erläutert Dr. Corinna Fischer, Expertin für nachhaltigen Konsum am Öko-Institut. „Fernseher werden effizienter, aber größer und mehr. Um den Naturverbrauch auf ein nachhaltiges und verallgemeinerbares Maß zu beschränken, brauchen wir neben Effizienz und Konsistenz auch langfristige, strukturelle Änderungen in unserem Verhalten.“

Montag, 4. November 2013

Vom Schutz der Persönlichkeit

Leserin Milena P.* sah sich beim Salatessen im Freien unverhofft einer fliegenden Kamera gegenüber. Darf sie einfach so gefilmt werden? Tagesanzeiger.ch/Newsnet klärte den Fall ab.


 
Milena P.* sitzt in einer Gartenwirtschaft am Greifensee bei Niederuster und hört dieses hochfrequente Surren näher kommen, das entfernt an einen Zahnarztbohrer erinnert. Sie schaut sich um und blickt in die Linse einer Gopro-Kamera, die an dem Quadrocopter montiert ist, der fünf Meter über ihr schwebt. «Ich will in Ruhe essen, und mich stört es, wenn mir ein fliegendes Auge in den Teller guckt», sagt die junge Frau. «Ich habe mich umgeschaut, der Typ mit der Fernsteuerung war nirgends zu sehen.» Das Fluggerät ist nach einigen Sekunden weitergeflogen und hat eine empörte Milena P. zurückgelassen. «Ich will mich doch nicht auf Youtube sehen, wie ich einen Salat esse.» Alle Gäste in der gut besetzten Wirtschaft seien von der Drohne gestört worden, und einige hätten beim Besitzer intervenieren wollen, sagte sie weiter.

Szenenwechsel. Ein Balkon in der dritten Etage mit Blick auf Quartierstrasse und Nachbarhäuser in Zürich-Wiedikon. Ingo C.* sitzt auf dem Balkon, raucht eine Zigarette und trinkt Kaffee. «Ich wollte gerade telefonieren, da hörte ich erst das Surren, und dann tauchte dieses Ding keine zwei Meter vor mir auf.» Der Familienvater wollte sich nicht filmen lassen. «Ich habe mir den Besen gegriffen und wollte das Gerät aus der Luft fegen, aber da war es schon weggeflogen.» Auch Ingo C. hat niemanden mit einer Fernsteuerung gesehen. «Haben die eigentlich keinen Respekt vor der Privatsphäre anderer Leute?»

Die beiden sind keine Einzelfälle. Quadrocopter können ein ganzes Restaurant verärgern, aber kaum jemand würde wegen eines solchen Fluggerätes Anzeige erstatten, wie Judith Hödl, Mediensprecherin der Stadtpolizei Zürich, bestätigt: Bisher seien keine Anzeigen erstattet worden – weder wegen Lärmbelästigung noch wegen Verletzung der Privatsphäre. Das könnte auch einen anderen Grund haben. Milena P. wusste nach eigenen Angaben gar nicht, dass sie sich rechtlich gegen das fliegende Auge wehren könnte.

Im Büro des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (Edöb) verfolgt man die Entwicklung mit wachsendem Interesse. Mediensprecherin Eliane Schmid: «Seit solche Geräte immer billiger werden, wächst das Gefährdungspotenzial für die Privatsphäre kontinuierlich an. Wir werden die Entwicklung im Auge behalten.»

In beiden eingangs geschilderten Fällen sieht Schmid einen Verstoss gegen das Datenschutzgesetz: «Wer erkennbare Personen aufnimmt, benötigt einen Rechtfertigungsgrund, also die Einwilligung der Betroffenen.» Ein Verstoss liegt auch vor, wenn «Aufnahmen von normalerweise nicht einsehbaren Orten gemacht werden». Als Beispiel führt Schmid das Bundesgerichtsurteil zu Google Street View an. Demnach muss Google die Aufnahmegeräte auf den Autos tiefer anbringen, weil die Kameras Einblicke in umfriedete Höfe oder über Hecken gewährt haben, die sonst für einen Passanten oder Automobilisten nicht einsehbar gewesen wären. «Wenn ein solcher Drohnenpilot beispielsweise durch ein Fenster ins Wohnungsinnere filmt, kann er eventuell auch strafrechtlich belangt werden», sagt Schmid weiter, «denn dann liegt eine Verletzung des Privat- oder gar des Geheimbereichs vor.»

Quadrocopter der unteren Preisklasse können mit einer Batterieladung etwa 10 Minuten in der Luft bleiben und bis auf 300 Meter Distanz ferngesteuert werden. Die leistungsfähigeren und auch deutlich teureren Modelle, ab 2000 Franken, können bei einer höheren Nutzlast einige Minuten länger in der Luft bleiben und haben eine Reichweite von 500 Metern und mehr. Dies entspricht etwa der Distanz Paradeplatz bis See. 

Für den Betrieb von Drohnen und Flugmodellen unter 30 Kilogramm Gewicht benötigt man keine Bewilligung vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl). Allerdings ist die Verordnung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) über Luftfahrzeuge besonderer Kategorien einzuhalten. Diese verlangt unter anderem, «dass der ‹Pilot› jederzeit direkten Augenkontakt zu seinem Flugobjekt hat». Dies ist nicht immer gewährleistet. Viele Modelle lassen sich mit Videobrille steuern. Auch hierfür gibt es Regeln: «Will jemand technische Hilfsmittel wie Feldstecher oder Videobrillen einsetzen, um die natürliche Sichtweite der Augen zu erweitern, ist dafür eine Bewilligung des Bazl erforderlich.»

Diese Regel kann umgangen werden, wenn man eine weitere Person zuzieht: «Innerhalb des Sichtbereiches des ‹Piloten› ist der Betrieb mit Videobrillen und dergleichen gestattet, sofern ein zweiter ‹Operateur› den Flug überwacht und bei Bedarf jederzeit in die Steuerung des Fluggerätes eingreifen kann. Der ‹Operateur› muss sich am gleichen Standort befinden wie der Pilot.»  Das Reglement erlaubt auch Luftaufnahmen. Diese sind zulässig, «sofern die Vorschriften zum Schutz militärischer Anlagen berücksichtigt werden. Zu beachten sind dabei auch der Schutz der Privatsphäre respektive die Vorschriften des Datenschutzgesetzes.» Das heisst, es dürfen keine Personen erkennbar abgebildet werden. Ein weiterer Regelpunkt lautet: «Wer eine Drohne oder ein Flugmodell mit mehr als 500 Gramm Gewicht betreibt, muss für allfällige Schäden eine Haftpflichtdeckung im Umfang von mindestens 1 Million Franken gewährleisten.»

(*Namen der Redaktion bekannt)  

Quelle: Tagesanzeiger.ch/Newsnet

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Mandela - Freiheitskampf und Schweiz


 
Der einzige von Nelson Mandela persönlich gebilligte Film über sein Leben hat am Sonntag in seiner Heimat Premiere gefeiert. Zur Ausstrahlung von «Mandela: Long Walk to Freedom» nach der gleichnamigen Autobiografie kamen zahlreiche Wegbegleiter des südafrikanischen Anti-Apartheidshelden nach Johannesburg.

Mandela selbst fehlte: Nach einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung und mehrmonatigem Spitalaufenthalt war der 95-Jährige zu schwach, um an der Premiere teilzunehmen. Mandelas Memoiren «Long Walk to Freedom» wurden 1994 veröffentlicht. Zwei Jahre später konnte sich Filmproduzent Anant Singh die Filmrechte sichern. Gedreht wurde der Film in Mandelas Geburtsort, in Johannesburg und in Kapstadt. Er erzählt die aussergewöhnliche Geschichte des 95-Jährigen von seiner Kindheit über seine lange Haft bis zu seiner Wahl zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas im Jahr 1994. Justizminister Jeff Radebe sprach von einem «sehr bewegenden Kinofilm». «Ich musste immer wieder weinen», sagte er beim Verlassen des Kinos. Mandelas enger Freund und früherer Anwalt George Bizoz bedauerte das Fehlen der Hauptperson. «Mandela wäre sehr stolz gewesen», sagte er.

Die Schweiz hatte während der Zeit der Apartheid (1948 - 1994) das damalige südafrikanische Regime immer wieder offen und verdeckt unterstützt. So lief unter anderem der grösste Teil des südafrikanischen Goldhandels über Schweizer Banken (vor allem die UBS-Vorgängerin Schweizerische Bankgesellschaft). Die Schweizer Wirtschaft hielt sich ganz allgemein nicht an den von der UNO verhängten Boykott und investierte kräftig in Südafrika.

Die Hauptrolle im Film wird von dem britischen Schauspieler Idris Elba gespielt. Wegen eines Asthmaanfalls verpasste er seinen Flug in London und musste eine spätere Maschine nehmen. Der 41-Jährige kam gerade noch rechtzeitig zur Ausstrahlung. «Diese Geschichte ist so viel grösser als ich, grösser als jeder von uns», sagte er nach der Premiere. Der Film kommt am 28. November in alle südafrikanischen Kinos, Kinostart in den USA ist im Dezember.

Quelle: Agenturen / Guntram Rehsche

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