Anders konsumieren und wirtschaften – Suffizienz neu denken - 300 Jahre Nachhaltigkeit – eine Idee feiert Geburtstag. Trotz der Rio-Deklaration für eine
nachhaltige Entwicklung und
einer breiten öffentlichen Nachhaltigkeitsdiskussion, braucht es aus
Sicht des deutschen Öko-Instituts weitere Anstrengungen, damit wir auch künftig
Ressourcen und Energie nutzen können, ohne die Ökosysteme und das Klima
zu zerstören.
Vor allem unsere Konsummuster sind bislang
wenig nachhaltig – der Verkehr wächst, der Fleischkonsum nimmt zu, der
Energieverbrauch steigt. Zusätzlich zu den bewährten
Nachhaltigkeitsstrategien Effizienz und Konsistenz – also gleiches
Konsumniveau mit weniger Ressourceneinsatz oder alternativen
Technologien zu erreichen – braucht es deshalb Ideen, die Konsummuster
selbst zu verändern. Im Fachjargon spricht man von Suffizienz. Hier ist
vor allem die Politik gefragt, wie das Öko-Institut in einer aktuellen
Analyse zeigt.
Suffizienz? Beispiele für einen nachhaltigeren Konsum
Suffizientes
Handeln hat viele Facetten. Beispielsweise umfasst Suffizienz, weniger
(ressourcenintensive) Produkte zu kaufen oder nutzen (z.B. Verzicht auf
eine Fernreise, öfter mal das Rad statt das Auto nutzen) bzw. solche mit
geringerer Gütergröße, -funktionen oder -komfort zu konsumieren (z.B.
kleinere Wohnung, Auto ohne Klimaanlage, weniger Fleisch essen). Es
kann aber auch um ein umweltfreundlicheres Nutzungsverhalten gehen (z.B.
geringeres Tempo auf Autobahnen), um verlängerte Produktnutzung (z.B.
Handys nicht alle Jahre wechseln) oder die gemeinsame Nutzung (z.B.
Nachbarschaftsauto) bei Produkten, bei denen dies ökologisch vorteilhaft
ist.
Suffizienz braucht politische Rahmenbedingungen
In
seinen Arbeiten zum Thema Suffizienz stellt das Öko-Institut heraus,
dass es nicht allein um Veränderung im individuellen Verhalten geht.
Vielmehr brauche es Veränderungen in vielen Bereichen: bei Technologien,
Märkten und Infrastrukturen, Wissen, Werten und Leitbildern. Dafür muss
die Politik entsprechende Rahmenbedingungen für das Zusammenwirken von
Wirtschaft und Verbraucherinnen und Verbrauchern vorgeben.
„Nur
wenn ökologisches Handeln des Einzelnen gefördert und nicht etwa
gehemmt wird, kann es gelingen, eine umfassende Wende herbeizuführen“,
sagt Franziska Wolff, Sozialwissenschaftlerin am Öko-Institut. „Die
Politik muss nachhaltiges Verhalten anregen und fördern. Dafür gibt es
eine Vielzahl von Möglichkeiten, die mit bewährten Instrumenten
zusammenspielen sollten.“
Politikinstrumente: Sorgfältiges Abwägen nötig
In
seiner Kurzstudie schlägt das Öko-Institut vor, dass künftig politische
Maßnahmen neben Effizienz und Konsistenz verstärkt auch suffizientes
Verhalten fördern sollen. Hierfür gibt es bereits jetzt Ansatzpunkte –
wie radfahrerfreundliche Stadtplanung, kommunale
Nutzen-statt-Besitzen-Angebote, die ökologische Steuerreform,
Produktstandards oder Gewährleistungsfristen. Diese gilt es systematisch
auszubauen.
Grundsätzlich sollte der Eingriff im
Verhältnis zum Entlastungspotenzial stehen. Bei der Gestaltung von
Instrumenten muss der Gesetzgeber stets die Faktoren persönliche
Freiheit, verfassungsrechtliche Grenzen, gesellschaftliche Akzeptanz und
Auswirkungen auf die Wirtschaft sorgfältig abwägen. Zudem gilt es eine
überproportionale Belastung niedriger Einkommen zu vermeiden.
Suffizienz ist mehr als Verzicht
Die
Beispiele für Suffizienz zeigen, dass man zwar auf Manches verzichtet
(„langsamer vorankommen“), aber auch an Lebensqualität gewinnt („sich
gesünder fortbewegen“, „nicht im Stau stehen“). Angesichts der Kosten
und Konflikte rund um manche technologische Entwicklung kann Suffizienz
auch gesellschaftlich manches Mal die einfachere, kostengünstigere,
weniger konfliktträchtige – ja, die elegantere Lösung sein.
„Wir
sehen außerdem, dass Effizienzgewinne häufig von
Konsumsteigerungen aufgefressen werden‘“, erläutert Dr. Corinna Fischer,
Expertin für nachhaltigen Konsum am Öko-Institut. „Fernseher werden
effizienter, aber größer und mehr. Um den Naturverbrauch auf ein
nachhaltiges und verallgemeinerbares Maß zu beschränken, brauchen wir
neben Effizienz und Konsistenz auch langfristige, strukturelle
Änderungen in unserem Verhalten.“
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